Wenn der Kollege zum Trainer wird

Wie können wir unsere Mitarbeiter regelmäßig schulen, ohne diese alle zwei, drei Wochen auf Seminar zu schicken? Das fragen sich viele Unternehmen – insbesondere bezogen auf ihre mitarbeiterstarken Bereiche. Eine mögliche Lösung: die Mitarbeiter werden von Kollegen trainiert.

Immer wieder stehen Unternehmen vor der  Herausforderung, viele Mitarbeiter regelmäßig zu schulen – zum Beispiel ihre Servicetechniker, damit sie auf dem neusten Stand sind. Oder ihre Produktionsmitarbeiter, damit sie reibungslos zusammenarbeiten. Oder ihre Verkäufer, damit sie im Kundenkontakt das gewünschte Verhalten zeigen.

In der Vergangenheit beschritten sie hierbei meist folgende zwei Wege.

  • Weg 1: Das Unternehmen trainierte seine Mitarbeiter mit eigenem Schulungspersonal. Das scheitert oft daran, dass für die Betriebe zu wenig Weiterbildungsprofis arbeiten.
  • Weg 2: Das Unternehmen übertrug die Aufgabe externen Trainingsanbietern. Der Nachteil hiervon: Dieses Vorgehen ist meist teuer – aufgrund der Trainerhonorare. Außerdem müssen die externen Trainer, weil sie die Abläufe und Strukturen im Betrieb nicht kennen, oft erst selbst geschult werden.

Seminarbesuche sind oft nicht möglich

Doch nicht nur deshalb bereitet Firmen der Einsatz externer Trainer zuweilen Unbehagen. Hinzu kommt: Viele Unternehmen können ihre Mitarbeiter nicht regelmäßig auf Seminar schicken. Dann läge ihr Betrieb lahm. Doch auch von ihren Mitarbeitern erhalten sie zuweilen das Signal: „Ich kann nicht ein, zwei Tag auf Seminar fahren.“ Mit diesem Problem kämpfen zum Beispiel fast alle Unternehmen für die viele Mütter arbeiten – oft in Teilzeit. Die wollen nicht selten mittags zuhause sein, wenn ihre Kinder aus der Schule oder dem Hort kommen.

Aus diesen Gründen fand in der Vergangenheit in den operativen Bereichen der Betriebe – also dort, wo meist das Cross der Mitarbeiter arbeitet – oft keine systematische Weiterbildung statt. Einen Verzicht auf Weiterbildung können sich heute die meisten Firmen aber nicht mehr leisten. Hierfür ist der Wettbewerb zu scharf. Außerdem sind die Kundenansprüche und Anforderungen an die Mitarbeiter gestiegen.

Um den wachsenden Weiterbildungsbedarf weiterhin stemmen zu können, entschied zum Beispiel ein Finanzdienstleister bereits vor mehr als zehn Jahren: Fortan sollen die Teamleiter in unserem Kundenservicecenter genannten Callcenter ihre Mitarbeiter trainieren. Also wurden sie zu Trainern beziehungsweise Wissensvermittlern ausgebildet. Doch das Anruf- und Arbeitsvolumen im Servicecenter stieg. Deshalb fehlte den Teamleitern irgendwann die Zeit zum Schulen ihrer Mitarbeiter. Also musste vor drei, vier Jahren wieder eine neue Lösung gefunden werden. Entschieden wurde:

  • Künftig sollen die Servicecenter-Mitarbeiter von erfahrenen Kollegen, die hierfür ausgebildet wurden, trainiert und gecoacht werden.
  • Zudem bauen wir eine Lernplattform auf, auf der die Mitarbeiter jederzeit Zugriff auf das benötigte Fachwissen haben. Und:
  • Wenn es um dessen Anwendung geht, stehen den Mitarbeitern sogenannte Tutoren als Ansprechpartner zur Verfügung.

Interne Schulungen sind auf dem Vormarsch

Ähnliche Qualifizierungskonzepte praktizieren inzwischen viele Unternehmen in ihren mitarbeiterstarken Bereichen – neben Finanzdienstleistern und Warenhäusern, auch viele  Produktionsbetriebe. Dass immer mehr Firmen auf solche Weiterbildungskonzepte setzen, hat auch folgenden Grund: Die internen „Trainer“ stehen den Mitarbeitern – anders als externe – auch im Alltag, also beim Umsetzen des Gelernten, als Ansprechpartner zur Verfügung. Außerdem können Führungskräfte oder erfahrene Kollegen, die ausgebildete Trainer sind, wenn sie ein Manko registrieren, zum betreffenden Mitarbeiter sagen: „Lasst uns morgen mal zehn Minuten darüber sprechen, wie….“ Und schon ist das Problem gelöst. Müsste hierfür ein externer Trainer engagiert werden, fände eine solche Schulung erst Wochen später oder – noch wahrscheinlicher – nie statt.

Durch Inhouse-Schulungen die Qualität sichern

Insofern dienen solche Qualifizierungskonzepte auch der Qualitätssicherung. Denn im Arbeitsalltag schleifen sich immer wieder Nachlässigkeiten ein. Deshalb sollte man die Mitarbeiter kontinuierlich schulen. Das reduziert auch die Gefahr, dass die Mitarbeiter zu viel auf einmal lernen und in die Praxis umsetzen müssen, was sie oft überfordert. Denn wenn die Trainer Kollegen sind, kann die Wissensvermittlung auch besser als in Seminaren „portioniert“ werden. Also kann das neue Know-how auch leichter verdaut werden.

Dies gilt insbesondere dann, wenn das Lernen im persönlichen Kontakt mit einem (firmeninternen) Trainer mit dem Online-Lernen zu einem sogenannten Blended-Learning-Konzept verknüpft wird. Dann können sich die Mitarbeiter zumindest das benötigte Fachwissen bzw. kognitive Wissen zeit- und ortsunabhängig aneignen. Mit dem Trainer üben sie danach bei Bedarf nur noch, dieses anzuwenden.

Sabine Prohaska

Zur Autorin: Mag. Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens Seminar Consult PROHASKA, Wien, das unter anderem (Online-)Trainer und Coachs ausbildet. Seine Blended-Learning-Trainer-Ausbildung wurde mit Trainingspreis in Gold des Trainerverbands BDVT ausgezeichnet (www.seminarconsult.at).

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