Deutsche Banken mit Ertragsproblemen – Ist die EZB der Sündenbock?

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar
Immer wieder wird das Niedrigzinsumfeld für das Profitabilitätsproblem von deutschen Banken verantwortlich gemacht. Dennoch reicht diese Argumentationsweise schon lange nicht mehr, um die andauernde Ertragsschwäche zu erklären. Neben zu hohen Kosten drängen immer mehr FinTechs auf den Finanzdienstleistungsmarkt und drohen mit innovativen Lösungen die Vormachtstellung von Banken aufzubrechen. Derzeit wird insbesondere die Krypto-Währung „Libra“ kontrovers diskutiert. Die Folgen einer solchen globalen Währung sind noch nicht absehbar. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars warum der Schrei nach Veränderung in der (deutschen) Bankenwelt noch nie so laut war wie heute.Markt-Monitoring und Ausblick

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor fällt weiter und steht bei aktuell – 0,368%. Die EZB wird Ihre Geldpolitik weiter lockern. Bis Mitte 2020 erwarten wir deshalb einen leichten Zinsrückgang in Richtung -0,40%.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz steht derzeit bei – 0,02%. Wir schließen bis Ende des Jahres auch weiterhin negative, 10-jährige SWAP-Sätze nicht aus.

Deutsche Banken mit Ertragsproblemen – Ist die EZB der Sündenbock?
Das große Stichwort ist vor allem digitale Transformation. Der Begriff mag schon lange in aller Munde sein, dennoch könnte einigen Banken ihre Größe zum Verhängnis werden. In Unternehmen mit mehreren zehntausend Mitarbeitern eine solchen Wandeln zu vollziehen ist aufwendig und geht nicht von heute auf morgen – siehe Deutsche Bank. Agile Start-ups hingegen können Risiken eingehen und Angebote früh am Mark testen. Gerade das Privatkundengeschäft ist hart umkämpft. Erst kürzlich wurde das FinTech N26 mit einer Bewertung von über 3 Milliarden Euro zum wertvollsten Start-up Deutschlands gekürt. Das größte deutsche Kreditinstitut stellt sich inzwischen der Herausforderung: Bis Ende 2022 sollen rund 18,000 Stellen gestrichen werden, um kosteneffizienter zu werden. Zudem wird der weltweite Aktienhandel weitestgehend eingestellt und sich mehr auf das Kundengeschäft konzentriert. Bis zu 12 Milliarden Euro sollen die Maßnahmen kosten. Doch bis der radikale Umbau fruchten kann, vergehen noch mindestens zwei Jahre. Bis dahin wird der Wettbewerbsdruck weiter steigen. Ob die Deutsche Bank jemals wieder an den Glanz vergangener Tage anknüpfen kann, ist nicht absehbar.

Die Deutsche Bank ist kein Einzelfall. Ebenso schaffen es andere deutsche Kreditinstitute nicht den Anschluss an die europäische Konkurrenz zu halten. Die Commerzbank verbuchte im letzten Jahr einen Gewinn von 865 Mio. Euro. Die schwedische Bank Nordea ist gemessen an der Bilanzsumme etwa gleich groß, erwirtschaftete jedoch mit ca. 3,1 Mrd. Euro mehr als das Dreifache. Die DZ Bank rangiert in derselben Größenordnung und ist mit 1,3 Mrd. Euro Gewinn genauso abgeschlagen. Das größte Bankhaus Europas, die HSBC, verbuchte einen Gewinn von 13,3 Milliarden Euro. Die französische Bank BNP Paribas lässt mit 7,5 Milliarden Euro Gewinn die Deutsche Bank (341 Millionen Euro) weit hinter sich. Irgendetwas scheint in der deutschen Bankenwelt gewaltig schief zu laufen. Das Zinsumfeld ist für alle Banken mehr oder weniger dasselbe. Darüber hinaus sind die Gewinnunterschiede zu groß als das sie auf nationale/regionale Faktoren zurückgeführt werden können. Auch wenn immer wieder Restrukturierungsmaßnahmen angekündigt werden, scheinen die heimischen Geschäftsmodelle nicht konkurrenzfähig zu sein.

Neben der alten Konkurrenz stößt jetzt neue Konkurrenz dazu. Bislang waren Krypto-Währungen wie z.B. Bitcoin gemessen an der Marktkapitalisierung relativ unbedeutend für den weltweiten Zahlungsverkehr. Mit der Ankündigung Facebooks eine eigene digitale Währung etablieren zu wollen, kommt jetzt richtig Schwung in die Sache. Facebook hat mit ca. 2 Milliarden weltweiten Nutzern eine derartige Tragweite für den internationalen Zahlungsverkehr, dass Banken antizipieren müssen, um nicht vollkommen vom Markt zu verschwinden. In welcher Form Aufsichtsbehörden das Vorhaben durchwinken werden, ist noch nicht klar. Von mehr Wettbewerb profitiert vor allem einer am Ende: Der Kunde. Gefällt Ihnen unser Zins-Kommentar und haben Sie Wünsche oder Anregungen? Dann schreiben Sie uns gerne direkt an neuwirth@neuwirth.de.

Wenn Sie weitere Informationen wünschen freuen wir uns auf Ihren Anruf unter +49 (8151) 555 098 – 0 oder eine Nachricht an info@neuwirth.de.

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