Nicht selten wird die Inflation von den Energiepreisen entscheidend mitgetragen. Vor allem die Ölpreisentwicklung hat dabei signifikanten Einfluss auf die Preisentwicklung und damit auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Zinsen in der Eurozone. Jüngste Analysen der EZB implizieren, dass der Ölpreis bis 2021 an Bedeutung für die Inflationsentwicklung verlieren wird. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars mehr über die Hintergründe dieser Annahme.
Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor steht, wie auch die letzten Monate, unmerklich verändert bei – 0,308%. Bis Mitte 2019 erwarten wir eine leichte Tendenz Richtung -0,20%, da die Erwartung einer ersten Zinsmaßnahme für 2020 den kurzfristigen Zins sukzessive anheben wird.
Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz schwankt weiter nach unten und liegt bei 0,57 %. Wir erwarten zukünftig weiter niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,50% – 1,00% bis Mitte des Jahres.
Inflationsentwicklung – Quo Vadis?
In den letzten zwei Jahren trugen die Energiepreise zu einer steigenden Inflationsentwicklung bei. Ohne den starken Anstieg der Energiepreise wäre die Zweiprozentmarke 2018 nicht erreicht worden (Vgl. Abbildung 1). Geschuldet der Volatilität der Energiepreise wird die Inflation auch wieder unter die Nullprozentmarke gedrückt werden können. Die Kerninflation soll zwar genau diesen Effekt eliminieren, kann aber nicht als einzige Entscheidungsgrundlage für die Geldpolitik der EZB dienen, womit die Energiepreise Einfluss auf die Zinsentwicklung ausüben. Die Energiepreise setzten sich aus Kraftstoff-, Gas,- und Elektrizitätskosten zusammen. Die Ölpreisentwicklung ist stark abhängig von der Nachfrage an Heizöl und Kraftstoffen und kann somit als Proxy der Energiepreise dienen. Daher richten sich die Inflationserwartungen der EZB unter anderem nach den Prognosewerten für den Ölpreis in USD/Brent. Langfristig geht die EZB von einer graduellen Abnahme des Ölpreises von 71,8 Dollar in 2018 bis auf 65,9 Dollar in 2021 aus (EZB, Dezember 2018).
Abbildung 1: Einfluss der Energiepreise auf Inflationsentwicklung
Quelle: Eurostat; eigene Darstellung und Berechnung
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Die EZB geht davon aus, dass die Kerninflation von 1 Prozent in 2018 auf 1,8 Prozent bis 2021 steigt. Bis dahin erwartet die EZB eine vollkommene Konvergenz der Kerninflation und Inflation (beide 1,8 Prozent). Die Energiepreise werden sich laut EZB immer mehr an den Durchschnittswerten der Inflation ohne Energie orientieren (Vgl. Abbildung 2). Doch wie realistisch ist dieses Szenario?
Abbildung 2: Zukünftiger Einfluss der Energiepreise auf Inflationsentwicklung schwindet? EZB Annahmen, Stand Dezember 2018
Quelle: Von Experten des Eurosystems erstellte gesamtwirtschaftliche Projektionen für das Euro-Währungsgebiet; eigene Darstellung und Berechnung
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Zunächst setzt dies eine geringere Volatilität der Ölpreise voraus, was als unrealistisch erachtet werden kann. In der Vergangenheit war vor allem der Ölpreis Taktgeber des Energiepreisindexes, da insbesondere die Kraftstoffpreise stark an den Ölpreis gekoppelt sind (Vgl. Abbildung 3). Wie sich der Ölpreis entwickelt hängt vor allem von der weltweiten Konjunktur und dem Dollarkurs ab. Nimmt die Zins-Divergenz zwischen den USA und der Eurozone weiter zu, könnte der Dollar weiter an Fahrt gewinnen und der Ölpreis in USD/Brent steigen. Der konjunkturelle Ausblick ist derzeit stark von Unsicherheiten geprägt und damit auch die Ölpreisentwicklung. Zuletzt sank der Energiepreisindex von 10,7 Prozent im Oktober auf 5,4 Prozent im Dezember 2018. Infolgedessen verzeichnete die Inflation im selben Zeitraum einen Rückgang von 2,2 Prozent auf 1,6 Prozent, wohingegen die Kerninflation weiterhin bei 1 Prozent stagnierte. Wir glauben nicht, dass die Kerninflation einen von der EZB erwarteten Anstieg von 80 Basispunkten bis 2021 erreicht und damit die negativen Effekte eines fallenden Ölpreises kompensiert.
Abbildung 3: Kraftstoffpreise: Richtungsweiser der Energiepreise
Quelle: Eurostat; eigene Darstellung
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Treten die Kompensierungseffekte nicht ein wird ein stark fallender Ölpreis die Inflation in Mitleidenschaft ziehen, bis hin zu einer möglichen Deflation. Das wiederum legt die EZB in Handschellen und macht potentielle Zinserhöhungen zu Nichte.
Die Prognosen des Ölpreises, basierend auf Umfragen der EZB, schwanken stark von Quartal zu Quartal. Derzeit wird im Durchschnitt ein Ölpreis von 63,9 Dollar für 2019 erwartet. 2018 lag der Ölpreis im Durchschnitt um rund 70 Dollar (USD/Brent). Die für manche erhoffte Zinserhöhung bleibt wohl in diesem Jahr aus.
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