Finanzbranche fordert Neuausrichtung der Bankenregulierung

Hessens Ministerpräsident Rhein lobt die Finanzbranche für einen gemeinsamen Forderungskatalog. Die Unterzeichner aus der Branche fordern darin auch eine Neuausrichtung der Bankenregulierung.

Frankfurt. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) macht sich im Kontext möglicher Koalitionsverhandlungen für die Belange der Finanzbranche stark. „Wir werden uns auf Bundes- und EU-Ebene mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für unseren Finanzstandort verbessert werden“, teilte Rhein nach einem Spitzentreffen von hessischen Regierungsmitgliedern mit Vertretern der Finanzbranche mit.

Bei dem Treffen, an dem auch der Wirtschafts- und der Finanzminister des Bundeslandes teilnahmen, hatten Spitzenvertreter der Finanzbranche dem Ministerpräsidenten ein Positionspapier überreicht, das von zahlreichen Chefs von Banken und Finanzverbänden unterzeichnet war. Dazu zählen unter anderem Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp, KfW-Chef Stefan Wintels und Stefan Behr, Europachef von Amerikas größter Bank JP Morgan Chase.

Das Positionspapier ist ein Wunschkatalog der Finanzbranche. Außer Änderungen im Arbeits- und im Steuerrecht fordern die Finanzbranchen vor allem eine Neuausrichtung in der Bankenregulierung. Und eine aktivere Rolle des nächsten Bundeskanzlers bei der Förderung von Belangen der Branche.

Unter anderem fordern die Unterzeichner „die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes als weiteres Ziel der Aufsicht“. „Regulatorische Maßnahmen und Aufsichtspraxis sollten konsequent die Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigen“, heißt es dazu im Positionspapier. „Diese Ausrichtung sollte gesetzlich verankert werden.“

Dieser Punkt lässt sich als Kritik an der Finanzaufsicht Bafin verstehen. Denn das Papier zieht einen Vergleich zu anderen EU-Ländern: „Ganz generell sollten sich Aufseher, wie in anderen EU-Ländern, stärker auf wesentliche Risiken und Prüfungsfelder konzentrieren, anstatt formalistische Vollständigkeit zu verfolgen“, kritisieren die Unterzeichner.

Und sie machen deutlich, wie sie das Zusammenspiel zwischen Finanzbranche und Aufsicht lieber sehen würden: „Die Intensivierung eines verlässlichen Dialogs und einer engen Zusammenarbeit mit der Finanzindustrie wird ausdrücklich gewünscht“, heißt es in dem Papier.

Aktive Rolle des Bundeskanzlers gewünscht

Indirekte Kritik gibt es aber auch am deutschen Gesetzgeber. An mehreren Stellen fordert das Papier, dass Deutschland mit seinen Regelungen nicht über bestehende EU-Vorgaben hinausgehen solle. Auf EU-Ebene solle die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass „europäische Banken im internationalen Wettbewerb nicht durch überzogene regulatorische Anforderungen benachteiligt werden“.

Vom nächsten Regierungschef erhofft sich die Branche außerdem mehr sichtbare Unterstützung. „Eine aktive Rolle der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers kann ebenfalls entscheidend sein, um die Sichtbarkeit deutscher Start-ups im In- und Ausland zu stärken“, wünscht sich die Branche.

Dieses Papier setzt ein starkes Signal für die künftige Bundesregierung.
Boris Rhein

Ministerpräsident von Hessen

Durch die Teilnahme an Wirtschaftsdelegationen oder Auslandsreisen – „ähnlich, wie es in Frankreich praktiziert wird“ – könne die Position Deutschlands als attraktiver Standort für Gründungen und für Investoren gestärkt werden.

„Dieses Papier setzt ein starkes Signal für die künftige Bundesregierung“, lobte Hessens Regierungschef Rhein die Ausarbeitung. Ob sich die Regierung des Bundeslands alle oder bestimmte Forderungen damit zu eigen macht, gingen aus seinen Äußerungen nicht hervor.

Das sogenannte Finanzmarktkabinett, das Rhein in den vergangenen Monaten wiederbelebt hatte, lobte generell, das Papier leiste „einen wichtigen Beitrag zur politischen Willensbildung“. Es „diene als Orientierung für die finanzplatzbezogene Agenda der zukünftigen Bundesregierung sowie der Europäischen Kommission“.

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