Creditreform Rating hat in einer aktuellen Studie die Risikosituation im deutschen Unternehmenssektor anhand der Ausfallraten, basierend auf einer Basel-konformen Definition von Ausfällen, für das Jahr 2023 untersucht. Dabei hat die Ratingagentur den höchsten jährlichen Anstieg bei der Ausfallrate von Unternehmen seit dem Beginn der Analyse im Jahr 2008 feststellen können. Im Jahr 2023 ist die Ausfallrate gemäß der obigen Definition von 1,17 % auf 1,49 % geschnellt. Es ist das zweite Jahr in Folge, in dem die Ausfallrate deutscher Unternehmen zunimmt. Damit liegt sie inzwischen auch über dem Stand vor Ausbruch der Corona-Pandemie (2019: 1,36 %).
Einzelhandel unter Druck
Besonders anfällig für die neue Realität zeigte sich der Einzelhandel. Während sich alle Branchen einer höheren Ausfallrate gegenübersahen, verzeichnete der Einzelhandel im vergangenen Jahr den stärksten Anstieg. Mit 0,42 Prozentpunkten war dieser noch ausgeprägter als in der Baubranche bzw. bei Konsumgüterunternehmen (jeweils +0,39 Prozentpunkte). Hier dürften insbesondere die hohen Inflationsraten infolge des durch die russische Aggression in der Ukraine ausgelösten Energiepreisschocks und die damit verbundene Kaufzurückhaltung der Konsumenten eine Rolle gespielt haben. Die höchste Ausfallrate unter den Branchen wiesen allerdings auch 2023 die Unternehmen aus den Bereichen Verkehr/Logistik bzw. der Bau auf.
Start-ups teilweise stabiler als etabliertere Unternehmen
Während sich Alteingesessene Betriebe (> 10 Jahre) am stabilsten erwiesen und erneut die niedrigsten Ausfallquoten aufwiesen (0,83 %), gab es in Hinblick auf die Differenzierung nach Unternehmensalter dennoch eine ungewöhnliche Entwicklung zu beobachten. So wiesen etablierte Unternehmen (5-10 Jahre alt) im Vergleich zu Start-ups (unter 2 Jahre alt) eine höhere Ausfallrate auf. Für 2023 wurde demnach bei den etablierten Unternehmen ein Wert von 2,18 % ermittelt, gegenüber 2,09 % bei den Start-ups. Als einzige der untersuchten Altersklassen konnten Start-ups zudem 2023 eine niedrigere Ausfallrate zeigen als 2019 (2,26 %).
Weiterer Anstieg erwartet, doch Stabilisierung in Sicht
Auch für das laufende Jahr geht Creditreform Rating davon aus, dass die Zahlungsausfälle deutscher Unternehmen weiter zunehmen werden. Bis Ende 2024 erwartet die Ratingagentur einen Anstieg der einjährigen Ausfallrate auf 1,79 %, was dem höchsten Wert seit 2013 entspräche. „Mit einem solchen Ergebnis würde wieder an die Ausfallwerte angeknüpft, die im Nachgang der globalen Finanzkrise bzw. im Zuge der Eurokrise zu beobachten waren“, sagt Fabienne Riefer, Head of Public Finance and Economic Research bei der Creditreform Rating AG, und ergänzt: „Für das kommende Jahr erwarten wir eine leichte Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage, was den Druck auf die Unternehmen verringern dürfte. Trotz anhaltender geopolitischer Unsicherheiten könnten sich so die Ausfallraten allmählich stabilisieren.“
Über die Default Study
Creditreform Rating analysiert in der Studie die Risikolage im deutschen Unternehmenssektor anhand der Ausfallraten, basierend auf einer Basel-konformen Definition von Ausfällen. Die Analyse der Ausfallraten umfasst 2,41 Millionen wirtschaftsaktive Unternehmen, was einer Totalerhebung der deutschen Wirtschaft entspricht. Die Ergebnisse sind somit empirische Ausfallraten und keine Schätzungen.