„Keine Sparzwänge. Schuldenbremse reformieren!“

DIW-Präsident Marcel Fratzscher im „Perspektiven-2024“-Interview. 

Vor dem Hintergrund der Haushaltsbeschlüsse für 2024 spricht sich Marcel Fratzscher gegen „Sparzwänge“ aus und fordert, die Schuldenbremse zu reformieren. Der renommierte Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) plädiert außerdem gegen Steuererhöhungen.

Berlin, 28.11.2023: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Debatte nach der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zur Haushaltslage im Deutschen Bundestag.

„Schon vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß“, sagte Fratzscher dem Magazin „Perspektiven 2024“ des in|pact Media-Verlags, das morgen (Freitag, 15.12.23) als Beilage im Handelsblatt erscheint.

„Mehr Geld für Forschung und Entwicklung und deutlich mehr Geld für die Bildung“ 

Er fordert ein grundsätzliches Umdenken in der Koalition: „Zukunftsinvestitionen in die ökologische und digitale Transformation sollten nicht Sparzwängen zum Opfer fallen. Bei den Unternehmen sind verstärkte Investitionen in neue Technologien, in Innovationen und in die Beschäftigten vonnöten. Und das erfordert, dass der Staat gute Rahmenbedingungen setzt. Damit meine ich eine leistungsfähige Infrastruktur in den Bereichen Energie, Digitales, Verkehr. Dazu mehr Geld für Forschung und Entwicklung und deutlich mehr Geld für die Bildung.“

„Steuererhöhungen wären in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten kritisch“

Fratzscher präferiert die Finanzierung über Schulden gegenüber Steuererhöhungen, weil er sie für „deutlich günstiger“ hält: Inflationsbereinigt lägen die Finanzierungskosten nahe null Prozent. „Investitionen sind die beste Schuldenpolitik, weil sie langfristig mehr wirtschaftliche Dynamik schaffen und damit wiederum helfen, Schulden schneller abzubauen.“ Fratzscher verwies auf DIW-Studien, denen zufolge jeder Euro, den der Staat heute in Bildung investiert, „langfristig doppelt und dreifach“ als zusätzliche Steuereinnahme zurückkomme. Steuererhöhungen hingegen erteilte er eine Absage: Sie wären in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten kritisch. „Darüber kann man nachdenken, sobald die Wirtschaft wieder rund läuft.“

Im Interview analysiert Fratzscher außerdem geplante Maßnahmen der Regierung und Gesetzesvorhaben wie das Wachstumschancengesetz und bewertet sie hinsichtlich ihrer Tauglichkeit, Wachstum zu generieren.

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