Ungeachtet der Unruhe im ersten Quartal wird eines immer deutlicher: Der Bärenmarkt nach dem Ende der Coronakrise hat einem neuen Bullenmarkt bei Anleihen Platz gemacht, und die ersten drei Monate des Jahres 2023 markieren sein zweites Quartal. Zweifellos hat die Bankenkrise die Unsicherheit erhöht. Aber die Krise hat vielleicht auch einen großen Vorteil für die Wirtschaft und die Märkte mit sich gebracht: die Vorsicht der Zentralbanken.
„Die Zentralbanker könnten in ihren Bemühungen ausgewogener vorgehen, die Inflation einzudämmen, da sie sich der unvorhergesehenen Risiken bewusst geworden sind“, meint Robert Tipp, Chief Investment Strategist bei PGIM Fixed Income. Die Fed und die Märkte werden das zweite Quartal nutzen, um eine Pause einzulegen, nachzudenken und sich neu zu sortieren, während sie die Situation nach den Entwicklungen im Kontext der Silicon Valley Bank bewerten.
Starke Mittelzuflüsse geben Rückenwind
Als sich das Jahr 2022 dem Ende zuneigte und der schier unaufhaltsame Anstieg der Anleiherenditen abzuflachen begann, wandelten sich die Mittelflüsse bei den Anleihefonds schnell von Abflüssen zu erheblichen Zuflüssen. Ein kurzer Blick auf die letzten Jahren zeigt, dass die Mittelflüsse in der Regel positiv waren, sofern die Zinsen nicht rapide stiegen oder die Volatilität stark zunahm. Das war sogar im Jahr 2020 der Fall, als die Renditen extrem niedrig waren. Da die Renditen nun deutlich höher sind, könnten die starken Mittelzuflüsse den Märkten einen wichtigen Rückenwind geben, sobald die Volatilität nachlässt.
Nichtsdestotrotz bleiben Risiken wie etwa bestehende geopolitische Spannungen. Im Zuge des anhaltenden Krieges zwischen Russland und der Ukraine flammen internationale Meinungsverschiedenheiten auf. Außerdem werden sich die Märkte in den nächsten ein bis zwei Quartalen mit dem drohenden Zahlungsausfall von US-Staatsanleihen auseinandersetzen müssen. Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir diese Risiken jedoch eher als peripher und nicht als primär an, aber das könnte sich schnell ändern.
Für Anleihen heißt es also immer noch „Game On“, auch wenn wir erwarten, dass sich die primären Renditetreiber ändern werden, wenn die zinsbedingte Rallye des ersten Quartals der Spread-Erholung des zweiten Quartals sowie der Neuausrichtung der Sektoren- und Emittentenspreads weicht.