Schwierige Zeiten für Unternehmen, denn: Die Preise steigen auf breiter Front und die Wirtschaft steuert auf eine Rezession zu. Entsprechend hart werden aktuell viele Vertrags- und Preisverhandlungen geführt. Wie Sie trotzdem eine gute Marge erzielen.
„Die Konjunktur ist schlecht. Wir steuern auf eine Rezession zu. Das spürt auch unser Unternehmen.“ Dieses Klagelied der Einkäufer hören Verkäufer aktuell häufig in Gesprächen mit ihren Kunden, meist gefolgt von der Aussage: „Deshalb können wir die von Ihnen geforderten Preise nicht bezahlen.“
Mit einem entsprechend mulmigen Gefühl gehen Industrielieferanten und -dienstleister zurzeit in Vertragsverhandlungen. Denn aktuell haben viele von ihnen gar keine andere Wahl als ihre Preise zum Teil massiv zu erhöhen – aufgrund der gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise sowie Personalkosten, der eigenen Beschaffungsprobleme und, und, und … Das schmeckt ihren Kunden, die nicht selten selbst mit dem Rücken zur Wand stehen und Angst vor der Zukunft haben, selbstverständlich nicht. Entsprechend gut sollten Sie als Verkäufer sich auf Preis- bzw. Vertragsverhandlungen vorbereiten, um die gewünschten oder benötigten Preise zu erzielen – und zwar ohne wichtige Kundenbeziehungen zu schädigen.
Schritt 1: Informieren Sie sich über den Kunden.
Informieren Sie sich vor der Verhandlung darüber, vor welchen Herausforderungen Ihr Partner aktuell steht – zum Beispiel:
- Kämpft er mit Beschaffungs-, Liefer-, Absatzproblemen?
- Schrumpft sein Markt oder schnappen ihm (neue) Mitbewerber lukrative Aufträge weg?
- Hat sein Unternehmen Probleme mit dem Cashflow oder Ertrag?
- Sind seine Produkte „noch zeitgemäß“ und seine Produktionsverfahren effektiv oder steht er unter massivem Innovationsdruck?
- Hat er Probleme, Mitarbeiter zu finden oder beschäftigt ihn das Thema Personalbau?
Bei Bestandskunden sollten Sie auch die Beziehung Ihres Unternehmens zur Organisation des Kunden analysieren – möglichst im Dialog zum Beispiel mit Ihren (Service-)Technikern, die bei ihm regelmäßig im Einsatz sind. Ermitteln Sie beispielsweise, welche (Service-)Leistungen Ihr Unternehmen seit Ausbruch der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges für den Kunden erbrachte, zu denen es nicht verpflichtet war. Wie kulant, loyal und zuverlässig war es auch in schwierigen Zeiten? Diese Informationen sind bei der Vertrags- und Preisverhandlung Gold wert.
Schritt 2: Analysieren Sie den Markt Ihres Kunden.
Analysieren Sie im Vorfeld zudem die Situation im Marktsegment des Kunden, denn: Von den Marktumbrüchen und -krisen werden nicht alle Branchen mit gleicher Schärfe erfasst, und auch in den verschiedenen Marktsegmenten einer Branche gibt es Unterschiede. Diese sollten Sie kennen, denn: Einkäufer malen eine graue Situation gerne pechschwarz – aus verhandlungstaktischen Gründen; und das Jammern und Klagen ist ein Teil ihrer Verhandlungsstrategie.
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Schritt 3: Schaffen Sie eine große Verhandlungsmasse.
Einkäufers sollen möglichst preiswert einkaufen – also für ihre Unternehmen die beste Kosten-Nutzen-Relation erzielen. Folglich wird in Vertragshandlungen keineswegs nur über Preise und Liefermengen gesprochen. Auf der Tagesordnung stehen auch Themen wie:
- Welche Qualität sollen die gelieferten Produkte/Problemlösungen haben? Und:
- Welche (Service-)Leistungen enthält das Lieferpaket?
Und in der aktuellen Marktsituation extrem wichtig:
- Wann wird vom Lieferanten bzw. Dienstleister wie zuverlässig wie viel geliefert?
- Wenn beliefert der Lieferant bevorzugt, wenn er selbst Beschaffungs- oder Produktionsprobleme hat? Und:
- Wie sehen die Zahlungsmodalitäten aus – und zwar nicht nur heute, sondern auch naher Zukunft angesichts der „galoppierenden“ Inflation, der fragilen Lieferketten usw.?
In den Antworten auf die letztgenannten Fragen liegt aktuell oft der Schlüssel, um lukrative Aufträge an Land zu ziehen und gute Preise zu erzielen. Doch nicht nur dies! Wenn es Ihnen im Gespräch gelingt, sich bzw. Unternehmen als kompetenter und zuverlässiger Partner zu profilieren, können Sie eventuell sogar Ihre Geschäftsbeziehung zu ihm ausbauen.
Generell gilt: Je genauer Sie im Vorfeld die Verhandlungspunkte analysieren, umso größer ist Ihr Verhandlungsspielraum.
Schritt 4: Definieren Sie ein Maximal- und ein Minimalziel.
Wenn Sie die genannten Infos haben, können Sie ein Maximal- und Minimalziel für die Verhandlung definieren. Doch Vorsicht! Achten Sie dabei darauf, ob es sich bei dem Kunden um einen strategisch wichtigen Stammkunden oder Kunden mit einem großen Umsatzpotenzial handelt. Denn diese sollten Sie keinesfalls mit – aus deren Sicht – absolut überhöhten und inhaltlich nicht begründbaren Preisforderungen verärgern. Verzichten Sie bei diesen Kunden, sofern möglich, lieber auf ein paar mögliche Euro Gewinn, um die gute Beziehung zu ihnen zu bewahren.
Schritt 5: Zeigen Sie die Vorzüge der Zusammenarbeit auf.
Führen Sie in Verhandlungen mit Bestandskunden dem Gegenüber stets zunächst den Nutzen der bisherigen Zusammenarbeit vor Augen – zum Beispiel, indem Sie fragen: „Wie zufrieden waren Sie mit der Zusammenarbeit im vergangenen Jahr? Hat sich die Problemlösung X bewährt?“
Hat der Kunde den Nutzen vor Augen, können Sie sagen: „Ihren Worten entnehme ich, dass Sie mit der Zusammenarbeit zufrieden sind.“ Bejaht der Kunde dies, kann als Anschluss folgen: „Dann wollen Sie gewiss auch künftig mit uns zusammenarbeiten.“
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War die Zusammenarbeit wirklich gut, wird der Kunde dies bestätigen – mit der Einschränkung „Wenn Sie uns preislich entgegenkommen“. Danach wird er all seine Argumente nennen, warum ein Preisnachlass unumgänglich ist – egal wie hoch Ihre Preisforderung ist. Seine Ausführungen werden nicht selten in einer Aussage münden wie: „Mir liegt ein Konkurrenzangebot vor, das fünf Prozent günstiger ist.“ Reagieren Sie hierauf noch panisch. Denn die Tatsache, dass der Einkäufer mit Ihnen spricht. zeigt: Die Entscheidung ist offen. Und der Preis ist nicht das alleinige Entscheidungskriterium.
Entsprechend gelassen sollten Sie zum Beispiel erwidern: „Ja, wir sind etwas teurer als manche Mitbewerber, denn wir …“. Bestätigen Sie also den höheren Preis und entrollen Sie dann Ihre Argumentationskette, warum sich eine Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen trotzdem lohnt – und zwar nicht nur in technischer Hinsicht, sondern zum Beispiel auch aufgrund Ihrer Liefertreue. Oder der relativen Preisstabilität, die Sie dem Kunden über die Vertragslaufzeit bieten. Oder Ihres Supports, wenn es in der Organisation des Kunden mal „brennt“. Oder … Verdeutlichen Sie Ihrem Verhandlungspartner also, warum Ihr Unternehmen zwar nicht der billigste, aber der preisgünstigste Anbieter ist.
Ihre Argumentation kann in der Aussage münden: „Aufgrund unserer bewährten und eingespielten Zusammenarbeit können wir Ihnen 0,42 Prozent mit dem Preis entgegenkommen, wenn .…“ Nennen Sie nie glatte Zahlen, denn Ihre Preise sind scharf kalkuliert. Und knüpfen Sie den offerierten Nachlass an Bedingungen.
Schritt 6: Relativieren Sie den Preis als Entscheidungskriterium.
Ihr Geschäftspartner wird, wenn Sie ihm einen so niedrigen Nachlass offerieren, laut Zeter und Mordio schreien und eventuell sogar drohen: „Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet.“ Daraufhin sollten Sie, wenn Sie in einer starken Verhandlungssituation sind, keinesfalls erwidern: „Wie denn? Sie haben doch aktuell keine alternativen Lieferanten/Dienstleister. Sie sind doch auf uns angewiesen.“ Denn solchen Aussagen setzen Sie Ihrem Partner sozusagen das Messer auf die Brust, und er wird sich hierfür irgendwann rächen. Zudem wird er versuchen, die (partielle) Abhängigkeit von Ihnen so schnell wie möglich aufzulösen.
Antworten Sie stattdessen zum Beispiel ruhig: „Damit haben wir gerechnet und das wollen wir selbstverständlich nicht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt; außerdem unseren Energieverbrauch reduziert und die Abläufe X und Y optimiert. Dadurch konnten wir unsere Kosten um über ein Prozent senken. Deshalb können wir Ihnen einen Nachlass von 1,13 Prozent gewähren, wenn …“
Daraufhin wird Ihrem Partner ein Stein vom Herzen fallen, denn: 1,13 Prozent klingen schon anders als 0,42 Prozent. Dies bedeutet aber nicht, dass er den geforderten Preis akzeptiert. Vielmehr ist nun erst die Basis für die weitere Verhandlung gelegt.
Schritt 7: Verteidigen Sie Ihren Preis
Wie flexibel Sie beim Verhandeln agieren können, hängt von Ihrer Beziehung zum Kunden, Ihrem Verhandlungsgeschick und Ihrer Gesprächsvorbereitung ab. Generell gilt jedoch: Wenn Sie gesagt haben „Das ist mein Preis“, müssen Sie ihn mit Händen und Füssen verteidigen.
Machen Sie sich klar: Schon geringe Preisnachlässe wirken sich oft fatal auf die Rendite aus. Hierfür ein Beispiel: Ein Industriezulieferer hat eine Umsatzrendite von fünf Prozent. Erzielt das Unternehmen nur ein Prozent niedrigere Preise, sinkt zwar der Umsatz nur um ein Prozent, der Gewinn sinkt aber um 20 Prozent. Entsprechend scharf sollten Sie Ihre Preise verteidigen.
Wenn Sie zu schnell einknicken, hat der Einkäufer zudem das Gefühl: „Der wollte es mal probieren.“ Das belastet Ihre Beziehung. Und wenn sich eine Verhandlung aus Sicht des Einkäufers nicht „hart“ anfühlt, kann er anschließend auch nicht stolz sagen: „Weil ich so taff verhandelt habe, haben wir nun Top-Konditionen.“ Gönnen Sie ihm diesen Triumph, sofern er Sie beziehungsweise Ihr Unternehmen wenig kostet.
Peter Schreiber
Zum Autor: Peter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER in Ilsfeld bei Heilbronn (www.schreiber-training.de). Er ist u.a. Dozent an der IHK-Akademie München in Westerham, Referent bei WEKA Industriemedien in Wien sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim.