Der Wirtschaftsnobelpreisträger Simon Kuznets soll einmal gesagt haben, dass es „vier Arten von Ländern auf der Welt gibt: entwickelte, unterentwickelte, argentinische und japanische“. Man kann von dieser Aussage halten, was man will, aber diese beiden Volkswirtschaften geben Rätsel auf. Trotz der Bemühungen der Entscheidungsträger steckt Argentinien nach wie vor in einer chronischen Hyperinflation fest und Japan kämpft mit einer hartnäckig niedrigen Inflation, die das Land zu einem Ausreißer inmitten rekordverdächtig hoher Inflationsraten macht.
Beides sind extreme Beispiele, aber sie erinnern daran, dass die Inflationsraten auch heute noch sehr unterschiedlich sind. Für Anleger, die eine länderspezifische Gewichtung der Vermögenswerte in Betracht ziehen, lohnt es sich, diese makroökonomischen Besonderheiten zu berücksichtigen.
Die Rückkehr der Inflation ist weltweit fast so weit verbreitet wie das Coronavirus, aber nicht alle Länder stürzen sich in einen Straffungszyklus. Zusätzlich zu den unterschiedlichen politischen Reaktionen waren die Renditeunterschiede zwischen den regionalen Aktienmärkten im vergangenen Jahr groß.
Obwohl China, Japan, Südkorea und Taiwan wichtige asiatische Produktionszentren sind, die in letzter Zeit mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen hatten, erzielten sie im vergangenen Jahr sehr unterschiedliche Renditen. Chinesische Aktien fielen im Jahresverlauf um mehr als 21 %. Taiwanesische Aktien hingegen stiegen um mehr als 27 %.[1] Japan blieb weitgehend unverändert und die südkoreanischen Märkte, die 2020 ein hervorragendes Jahr hatten, beendeten das Jahr 2021 mit einem leichten Rückgang. Im Jahr zuvor hatte der FTSE South Korea RIC Capped Net Tax Index nicht nur die Region Asien, sondern auch die meisten Industrie- und Schwellenländermärkte weltweit übertroffen, als er Ende 2020 eine Rendite von über 40 % erzielte[2]
Die Differenz zwischen den Renditen der Benchmark-Indizes, die von unseren passiven ETFs mit der besten und der schlechtesten Wertentwicklung für 2021 nachgebildet wurden, betrug mehr als 50 % (in USD). Dank der Gewinne im Finanzsektor war der saudi-arabische Markt mit einer Jahresrendite von mehr als 36 % der beste Wertentwickler.[3]
Die unterschiedliche Reaktion der Zentralbanken
„Nur in wenigen Ländern hat sich die Inflation als so schwerwiegend erwiesen, wie in Brasilien, wo die Probleme durch die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten noch verschärft werden. Die brasilianische Zentralbank hat verständlicherweise einen aggressiven Straffungszyklus angekündigt, um die zweistellige Inflationsrate von mehr als 10 % einzudämmen.[4]
Auch die Bank of England sticht hervor. Sie war Mitte Dezember die erste große Zentralbank der Welt, die seit Ausbruch der Pandemie die Zinssätze anhob“, sagt Dina Ting, Head of Global Index Portfolio Management bei Franklin Templeton.
Auch die US-Notenbank (Fed) versucht, die Inflation in Schach zu halten, indem sie die Anleihekäufe reduziert und zum ersten Mail seit 2018 die Zinsen erhöhen will. Am anderen Ende des Spektrums versuchen die politischen Entscheidungsträger in China das Problem der Immobilienblase zu lösen, während Japans besonders akkommodierende Zentralbank eine Straffung der Geldpolitik scheut.
Es wird erwartet, dass sich die Märkte in diesem Jahr weiter auf breiter Front erholen werden, wenn auch regional ungleichmäßig und zu verschiedenen Zeiten. Dies macht unserer Ansicht nach, die Möglichkeit eines gezielten Engagements in Form von Einzelländerstrategien noch interessanter.
Aufgehende Inflationssonne über Japan?
Die Inflation in Japan ist nach wie vor moderat. Die Bank of Japan (BoJ) wird – so aktuelle Marktmeinung – auch im zehnten Jahr in Folge eine ultralockere Geldpolitik verfolgen. Für das laufende Fiskaljahr, welches im März 2022 endet, schätzt die Bank, dass die Preise stagnieren werden. Damit wird Japan sein Inflationsziel von 2 % auf kurze Sicht wohl verfehlen.[5]
Die im Frühjahr an alle Einwohner verschickten Konjunkturschecks konnten die Inflation nicht ankurbeln. Nach wie vor genießt Premierminister Fumio Kishida hohe Zustimmungswerte und hat weitreichende Maßnahmen zugesagt, um die Ziele zur Klimaneutralität, zur Verringerung der Einkommensunterschiede und zur Digitalisierung der Wirtschaft umzusetzen. Insbesondere die Bemühungen um eine stärkere Digitalisierung sind für den japanischen Informationstechnologiesektor von Vorteil, der eine der größten Gewichtungen im FTSE Japan Capped Index aufweist. Insgesamt scheint das Jahr 2022 für japanische Aktien vielversprechend zu sein, vor allem, da seit der Wahl von Kishida wieder politische Stabilität herrscht. Diese wird gestützt von Steueranreizen für Unternehmen, eine Anpassung des stagnierenden Lohnniveaus (die Durchschnittslöhne sind in mehr als drei Jahrzehnten nur um 4 % gestiegen)[6] und die Ankündigung eines Konjunkturpaket in Rekordhöhe von 490 Mrd. US-Dollar.
In einem Umfeld, in dem die Fed die Zinsen anhebt, dürfte die Abwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar auch die Attraktivität unterbewerteter japanischer Aktien und ETFs erhöhen, da die Waren des Exportschwergewichts wettbewerbsfähiger werden und die Gewinne steigen.“