Um ihr Potenzial zu entfalten und ihre Fähigkeiten effektiv zu nutzen, brauchen Mitarbeiter eine Rückmeldung über ihr Verhalten und ihre Leistung. Entsprechend sorgfältig sollten Führungskräfte Feedbackgespräche vorbereiten und führen.
Regelmäßige Mitarbeiter- sowie Feedbackgespräche beeinflussen die Leistung der Mitarbeiter positiv. Das belegen Studien. Sie sind zudem für die Personalentwicklung von Bedeutung. Außerdem steigern sie, richtig geführt, die Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation. Trotzdem werden sie in vielen Unternehmen eher sporadisch geführt – oft nur im Rahmen der jährlichen Zielvereinbarungsgespräche. Aus diesem Manko erwachsen nicht selten Konflikte.
Mitarbeiter brauchen eine Orientierung
Ein Beispiel hierfür: Ein Abteilungsleiter registriert, dass einige seiner Mitarbeiter die vereinbarten Ziele erneut nicht erreicht haben. Seinen Unmut hierüber äußert er jedoch nicht, weil er befürchtet: Die Stimmung in seinem Bereich verschlechtert sich, wenn er seine Erwartungen nochmals mit Nachdruck artikuliert. Also wursteln alle weiter wie bisher – auch die Mitarbeiter. Denn weil die Führungskraft sie nicht auf die unerreichten Ziele anspricht, sind sie überzeugt: Unser Vorgesetzter ist mit unserer Leistung zufrieden. Und die nicht erreichten Ziele? Sie sind ihm nicht so wichtig. Also erhöht sich der Ärger der Führungskraft mit der Zeit so sehr, dass sie irgendwann „explodiert“. Und aufgrund ihrer angestauten Verärgerung vergreift sie sich im Ton. Das verletzt wiederum die Mitarbeiter emotional. Hieraus erwächst ein Konflikt, der kaum noch zu beheben ist.
Eine solche Eskalation lässt sich durch regelmäßige Feedback- und Mitarbeitergespräche vermeiden. In ihnen werden oft viele mögliche Quellen von Ärger, Frust und Demotivation beseitigt – unter anderem weil in ihnen die Beteiligten ihre wechselseitigen Erwartungen an die künftige (Zusammen-)Arbeit formulieren. Deshalb zählen regelmäßige Feedbackgespräche zum Standardführungsrepertoire in vielen Unternehmen.
Die Ziele und Erwartungen kommunizieren
Allgemein gilt: Die meisten Führungskräfte sprechen mit ihren Mitarbeitern zu wenig über ihre Arbeit sowie die Erwartungen und Ziele, die hiermit verbunden sind. Dabei ist genau dies die Hauptfunktion von Mitarbeiter- und Feedbackgesprächen, den Mitarbeitern die nötige Orientierung zu geben. In ihnen können unter anderem folgende Themen erörtert werden:
- die Qualität der (Zusammen-)Arbeit,
- die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation,
- die Unternehmens- und Bereichsziele,
- die Strategien und Vorhaben,
- die Aufgaben und Verantwortungsbereiche des Mitarbeiters,
- seine Stärken und Schwächen,
- mögliche Qualifizierungs- und Unterstützungsmaßnahmen,
- mögliche strukturelle Verbesserungen,
- Ziel- und Bonusvereinbarung.
Mitarbeitergespräche oder Feedback- und Zielvereinbarungsgespräche haben nicht das primäre Ziel, aktuelle Probleme in der alltäglichen (Zusammen-)Arbeit zu besprechen. Vielmehr soll das Verhalten des Mitarbeiters und seiner Führungskraft in einem Zeitabschnitt zusammenfassend betrachtet werden, um zu klären, wie die (Zusammen-)Arbeit verbessert werden kann. Vorkommnisse und Verhaltensmuster in der Vergangenheit dienen hierbei primär zur Erklärung.
Weil die Vergangenheit reflektiert werden soll, erfordern Feedbackgespräche eine Vorbereitung von beiden Seiten. Deshalb sollten sie stets terminiert sein. Hinzu kommt: Feedback ist nur wirksam, wenn es konkret ist, und hierfür benötigt man Beispiele aus dem Berufs- und Arbeitsalltag.
Die Gespräche aus Überzeugung führen
In vielen (Groß-)Unternehmen ist das regelmäßige Führen von Mitarbeitergesprächen Pflicht. Das ist an sich gut. Zuweilen führt dies jedoch dazu, dass die Führungskräfte die Gespräche nur führen, um zum Beispiel der Personalabteilung „Vollzug“ zu melden. Das heißt, sie erachten die Mitarbeitergespräche nicht als notwendiges Führungsinstrument. Entsprechend ist die Qualität der Gespräche.
Folgendes Vorgehen erweist sich in der Praxis oft als sinnvoll, um ein Mindestniveau der Gespräche zu sichern: Nach jedem Mitarbeitergespräch füllen Führungskraft und Mitarbeiter unabhängig voneinander einen Fragebogen aus und senden ihn zum Beispiel an die Personalabteilung. Der Fragebogen kann Fragen enthalten wie:
- Wie zufrieden sind Sie mit dem Gesprächsverlauf?
- Wie zufrieden waren Sie mit der Atmosphäre?
- Wie lange dauerte das Gespräch?
- Wurden auch Entwicklungsthemen und -ziele angesprochen/vereinbart?
- Was sollte sich ändern, damit Sie und Ihr Gesprächspartner vom nächsten Gespräch noch mehr profitieren?
Diese Rückmeldung an die Personalabteilung garantiert keine qualitativ hochwertigen Feedbackgespräche; sie sorgt aber für eine Mindestqualität, die Schritt für Schritt gesteigert werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit dem Gespräch die Verpflichtung einhergeht, sich auf konkrete (Entwicklungs-)Ziele zu verständigen.
Sich ausreichend Zeit nehmen
Ein Indikator für die Qualität eines Mitarbeiter- oder Feedbackgesprächs ist dessen Dauer. Eine Stunde sollten Führungskräfte pro Mitarbeiter mindestens einplanen. Denn damit eventuell auch heikle (persönliche) Themen angesprochen werden, ist eine entspannte Atmosphäre nötig. Diese gilt es zunächst zu schaffen.
Feedbackgespräche sind umso wichtiger, je eigenverantwortlicher die Mitarbeiter arbeiten sollen, denn: Ein selbständiges Arbeiten erfordert ab und zu eine Justierung. Das heißt, Führungskraft und Mitarbeiter müssen sich unter anderem über die Aufgaben und Vorgehensweise, die Qualitätsansprüche und wechselseitigen Erwartungen verständigen.
Ein gut strukturiertes Feedback- und Mitarbeitergespräch besteht aus folgenden Phasen:
- Reflektion der vergangenen Zeiteinheit (zum Beispiel das zurückliegende Quartal),
- Einschätzung der aktuellen Situation und
- Blick nach vorne.
Von besonderer Bedeutung ist, dass der Mitarbeiter auch ein Feedback über seine „Stärken“ und „Schwächen“ erhält. Was macht/kann er gut beziehungsweise weniger gut? Denn ohne ein Feedback hierüber gibt es kein Lernen. Jeder Mensch hat blinde Flecken. Hierbei handelt es sich um Verhaltensmuster, die uns nicht bewusst sind. Deshalb brauchen wir ab und zu eine Rückmeldung von außen, damit wir uns über unser Verhalten und seine Wirkung bewusst werden. Diese Klarheit führt zu einem Erkennen von Lernfeldern.
Eine Voraussetzung für Mitarbeitergespräche, in denen es auch möglich ist, heikle Themen anzusprechen und Lernfelder zu identifizieren, ist Vertrauen. Gelingt es einer Führungskraft im Alltag nicht, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Mitarbeitern aufzubauen, öffnen sich diese auch im Mitarbeitergespräch nicht. Also kann die Führungskraft ihnen auch kein wirkungsvolles Feedback geben. Außerdem erhält sie selbst keine brauchbare Rückmeldung für ihre eigene Entwicklung.
Die investierte Zeit und Energie lohnt sich
Das regelmäßige Führen von Feedback- und Mitarbeitergesprächen mit allen Mitarbeitern erfordert viel Zeit seitens der Führungskräfte – auch wegen der nötigen Vorbereitung. Doch diese Investition lohnt sich, denn sie stellt sicher, dass im Arbeitsalltag weniger Unklarheiten bestehen. Hierdurch reduziert sich auch der Führungsaufwand.
Untersuchungen zeigen, dass regelmäßige Mitarbeiter- und Feedback- beziehungsweise Zielvereinbarungsgespräche folgende Faktoren positiv beeinflussen:
- die Beziehung zwischen den Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten,
- die Zielklarheit,
- die Transparenz und den Informationsfluss,
- die Zusammenarbeit und Leistung,
- das Selbstvertrauen der Mitarbeiter,
- ihre systematische (Weiter-)Qualifizierung und Kompetenzentwicklung,
- die Kommunikations- und Führungskultur,
- die Zielorientierung sowie -fokussierung der Ressourcen,
- das Qualitätsdenken,
- die Eigenständigkeit und -verantwortlichkeit der Mitarbeiter,
- die Identifikation mit der Arbeit und den vorgegebenen Zielen.
Deshalb sollten Führungskräfte die Feedback- und Zielvereinbarungsgespräche mit Ihren Mitarbeitern aus tiefster innerer Überzeugung führen, denn: Die Mühe lohnt sich – für sie, ihre Mitarbeiter und das Unternehmen.
Rainer Paszek
Zum Autor: Rainer Paszek, Eglfing (Oberbayern), arbeitet als Führungskräfte- sowie Teamentwickler, -trainer und -coach. Zudem ist er Lehrcoach sowie zertifizierter Mediator (Webseite: https://fuehrungskraefteentwicklung.team