Einkäufer nutzten aktuell in Auftrags- und Vertragsverhandlungen oft die Covid 19-Pandemie, um einen Preisnachlass zu fordern. Hierauf müssen sich Verkäufer einstellen, wenn sie trotzdem gute Preise erzielen möchten.
„Unsere Kunden sind zurzeit extrem zögerlich mit ihren Kaufentscheidungen. Das spiegelt sich in unseren Auftragsbüchern wider.“ Solche Klagen hören Verkäufer aktuell fast stets, wenn sie mit Einkäufern bzw. potenziellen Auftraggebern in Unternehmen sprechen – selbst wenn diese zu den Gewinnern der Covid 19-Pandemie zählen.
Darüber zu jammern und auf die „bösen Einkäufer“ zu schimpfen, bringt nichts, denn: Es gehört zu ihrem Job in Vertragsverhandlungen stets auszuloten, welcher Preisnachlass für ihr Unternehmen eventuell noch möglich ist. Zielführender ist es, sich als Verkäufer auf die Vertragsverhandlungen professionell vorzubereiten. Dann lassen sich auch in schlechten Zeiten gute Preise erzielen.
Bei der Verhandlungsvorbereitung und -führung sollten Verkäufer folgende sieben Punkte beachten.
- Informieren Sie sich vorab über Ihren Zielkunden.
Informieren Sie sich vor der Verhandlung darüber, vor welchen Herausforderungen Ihr potenzieller Partner aktuell steht – zum Beispiel:
- Hat das Unternehmen – corona-bedingt – Probleme mit dem Cashflow oder Ertrag?
- Ist sein Markt eingebrochen oder wächst er?
- Schnappen ihm (neue) Mitbewerber lukrative Aufträge weg?
- Sind seine Produkte/Produktionsverfahren innovativ oder steht er unter Innovationsdruck?
- Sind seine Mitarbeiter noch in Kurzarbeit und wenn ja, welche?
- Hat er eher Probleme, benötigte Spezialisten zu finden, oder beschäftigt ihn das Thema Personalbau?
Bei Bestandskunden sollten Sie auch die Beziehung Ihres Unternehmens zur Kundenorganisation analysieren. Hat es zum Beispiel (Service-)Leistungen für den Kunden erbracht, zu denen es nicht verpflichtet war? Half es ihm (in der Lockdown-Phase) bei akuten Problemen aus der Patsche oder zeigte sich kulant?
- Analysieren Sie auch die Ist-Situation im Geschäftsfeld des Kunden.
Analysieren Sie zudem im Vorfeld die Situation im Geschäftsfeld bzw. Marktsegment des Kunden. Auch von der Corona-Krise wurden nicht alle Branchen mit gleicher Schärfe erfasst: Neben Verlierern, gibt es Gewinner, und bei vielen Unternehmen änderte sich (fast) nichts, außer dass sie die corona-bedingten Hygiene-Vorschriften beachten müssen. Auch in den verschiedenen Marktsegmenten einer Branche gibt es Unterschiede. Einkäufer malen jedoch graue Situationen gerne pechschwarz – aus verhandlungstaktischen Gründen. Also müssen sie gut vorinformiert sein, damit sie deren Aussagen adäquat einschätzen und eventuell sogar kontern können – sofern verhandlungstaktisch sinnvoll.
- Schaffen Sie eine möglichst große Verhandlungsmasse.
Die Aufgabe aller Einkäufer ist es, möglichst preiswert einzukaufen – also für ihr Unternehmen die beste Kosten-Nutzen-Relation zu erzielen. Folglich wird in Vertragsverhandlungen keineswegs nur über Preise und Liefermengen gesprochen. Auf der Tagesordnung stehen auch Themen wie:
- Welche Qualität sollen die gelieferten Produkte/Problemlösungen haben?
- Welche (Service-)Leistungen umfasst das Lieferpaket?
- Wie und wann wird geliefert?
- Wie sehen die Zahlungsmodalitäten aus?
Hier liegt ein Schlüssel, um auch in schlechten Zeiten gute Preise zu erzielen: Je genauer Sie im Vorfeld die möglichen Verhandlungspunkte analysieren, umso größer ist Ihr Spielraum, um mögliche Forderungen nach Preisnachlässen abzufedern.
- Definieren Sie ein Maximal- und ein Minimalziel
Wenn Sie alle vorgenannten Infos haben, sollten Sie ein Maximal- und ein Minimalziel für die anstehende Verhandlung formulieren. Ein Bestandteil des Maximalziels kann auch der Versuch sein, den Lieferumfang bzw. das Liefervolumen auszudehnen gemäß der Maxime: „Wenn Sie mir am Punkt A entgegen kommen, kann ich Ihnen eventuell am Punkt B Zugeständnisse machen.“ Hierfür sind Voraussetzungen aktuell oft nicht schlecht, denn: In Krisen- bzw. Marktumbruchzeiten überdenken Unternehmen ihre Strategien. Also sind sie auch für neue „Problemlösungen“ offen – zum Beispiel, wenn ihnen diese nach den Erfahrungen in der Lockdown-Phase eine höhere Liefersicherheit garantiert.
- Führen Sie dem Kunden den „Mehrwert“ der Zusammenarbeit vor Augen.
Führen Sie zu der Beginn der Verhandlungen mit Bestandskunden Ihrem Gegenüber zunächst stets den Nutzen ihrer bisherigen Zusammenarbeit vor Augen – zum Beispiel, indem Sie fragen: „Wie zufrieden waren Sie mit der Zusammenarbeit im vergangenen Jahr? Hat sich die Problemlösung X bewährt?“ Hat der Kunde den Nutzen bzw. Mehrwert vor Augen, können Sie sagen: „Ihren Worten entnehme ich, dass Sie mit der Zusammenarbeit zufrieden sind.“ Bejaht der Kunde dies, kann als Anschluss folgen: „Dann wollen Sie gewiss auch künftig mit uns zusammenarbeiten.“
War die Zusammenarbeit wirklich gut, wird der Kunde dies bestätigen – mit der Einschränkung „Wenn Sie uns preislich entgegenkommen“. Danach wird er seine Argumente nennen, warum ein Preisnachlass unumgänglich ist. Diese werden nicht selten in einer Aussage münden wie: „Mir liegt ein Konkurrenzangebot vor, das fünf Prozent günstiger ist.“ Reagieren Sie hierauf nicht panisch, denn die Tatsache, dass der Einkäufer mit Ihnen spricht, zeigt: Die Entscheidung ist offen. Und: Der Preis ist nicht das alleinige Entscheidungskriterium.
Erwidern Sie also zum Beispiel gelassen: „Ja, wir sind etwas teurer als manche Mitbewerber, denn wir…“. Bestätigen Sie also den höheren Preis und entrollen Sie dann Ihre Argumentationskette, warum sich eine Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen trotzdem lohnt. Oder anders formuliert: Warum Ihr Unternehmen zwar nicht der billigste, aber der preisgünstigste Anbieter ist.
- Zeigen Sie Selbstbewusstsein und verteidigen Sie Ihren Preis
Angenommen Ihr Geschäftspartner fordert danach trotzdem fünf Prozent Preisnachlass und Sie offerieren ihm nur einen Nachlass von 0,42 Prozent. Dann wird er laut Zeter und Mordio schreien und eventuell sogar drohen: „Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet.“
Daraufhin können Sie zum Beispiel ruhig erwidern: „Das haben wir uns gedacht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt; außerdem die Abläufe X und Y optimiert. Dadurch konnten wir unsere Kosten um über ein Prozent senken. Deshalb können wir Ihnen einen Nachlass von 1,13 Prozent gewähren, wenn.…“
Ihrem Partner wird daraufhin ein Stein vom Herzen fallen, denn: 1,13 Prozent klingen schon anders als 0,42 Prozent. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er den Preis akzeptiert. Vielmehr ist nun erst die Basis für die weitere Verhandlung gelegt.
- Verhandeln Sie hart – auch über kleinste Preisnachlässe
Wie flexibel Sie beim Verhandeln agieren können, hängt von Ihrer Beziehung zum Kunden, Ihrem Verhandlungsgeschick und Ihrer Gesprächsvorbereitung ab. Generell gilt jedoch, wenn Sie gesagt haben „Das ist mein Preis“, müssen Sie ihn mit Händen und Füssen verteidigen, denn: Wenn Sie zu schnell einknicken, hat der Einkäufer das Gefühl: „Der wollte es mal probieren.“ Das belastet Ihre Beziehung. Zudem kann der Einkäufer dann nach der Verhandlung nicht stolz sagen: „Weil ich so hartnäckig war, haben wir nun Top-Konditionen.“ Gönnen Sie ihm diesen Triumph – sofern er Sie beziehungsweise Ihr Unternehmen wenig kostet.
Seien Sie sich in Vertragsverhandlungen zudem stets bewusst: Schon geringe Preisnachlässe wirken sich oft fatal auf die Rendite aus. Hierfür ein Beispiel: Ein Industriezulieferer hat eine Umsatzrendite von fünf Prozent. Erzielt das Unternehmen nur ein Prozent niedrigere Preise, sinkt zwar der Umsatz nur um ein Prozent, der Gewinn aber um 20 Prozent. Entsprechend scharf sollten Sie Ihre Preise verteidigen.
Peter Schreiber
Zum Autor: Peter Schreiber ist Inhaber der auf den B2B-Vertrieb spezialisierten Unternehmens- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER, Ilsfeld (www.schreiber-managementpartner.de). Er ist u.a. Dozent beim ZfU Zentrum für Unternehmungsführung in Thalwil (CH) und Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim, Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen.