Handelskonflikte sorgen für Unsicherheiten- auch bei den Notenbanken

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Die Handelskonflikte zwischen den USA und anderen großen Volkswirtschaften wie China oder der Europäischen Union (EU) spitzen sich weiter zu. Am 6. Juli traten Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent auf Importe aus China im Wert von 34 Milliarden Dollar in Kraft. China reagierte mit Sonderabgaben im ähnlichen Umfang auf Einfuhren aus den USA. Zwar gefährden die Strafzölle noch nicht die globale wirtschaftliche Entwicklung und Ordnung, dennoch könnte sich der Konflikt zu einem weltweiten Phänomen hochschaukeln. Was sind die Hintergründe des bevorstehenden Handelskonfliktes und was bedeutet der zunehmende Protektionismus für die Notenbanken und damit für Zinsen? Suchen Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars mit uns nach Antworten.

 

Markt-Monitoring und Ausblick

 

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor stagniert nahezu und liegt heute bei – 0,321%. Bis Ende Q2 erwarten wir eine Seitwärtsbewegung, danach eine leichte Tendenz Richtung – 0,20%, da die Erwartung vom Ausstieg am Quantitative Easing den kurzfristigen Zins sukzessive anheben wird.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz pendelt weiter leicht abwärts und liegt nun bei 0,79 %. Wir erwarten zukünftig weiter niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,75% – 1,00%.

 

 

Handelskonflikte sorgen für Unsicherheiten- auch bei den Notenbanken

Auch wenn keiner so richtig versteht, warum der amerikanische Präsident Donald Trump Strafzölle erhebt, hat die größte Volkswirtschaft der Welt ein Problem: Enorme Handelsdefizite mit den wichtigsten Handelspartnern (Vgl. Abbildung 1). So hatten die USA beispielsweise im Jahr 1985 noch eine ausgeglichene Handelsbilanz mit China. In den letzten 32 Jahren stiegen die Importe um ein vielfaches stärker als die Exporte, sodass die USA für das Jahr 2017 ein Handelsdefizit von rund 375 Mrd. Dollar mit China ausweisen musste. Das Defizit mit der EU beläuft sich inzwischen auf 150 Mrd. Dollar und auch mit anderen relevanten Handelspartnern wie Japan, Mexiko oder Kanada kann die USA kein positives Handelsergebnis erzielen. Donald Trump wirft insbesondere China immer wieder vor Technologie zu stehlen und heimische Unternehmen gezielt zu subventionieren. Das mag ein Erklärungsversuch für das Handelsdefizit mit China sein, doch das eigentliche Problem liegt viel tiefer. De facto weist Amerika Handelsdefizite mit allen wichtigen Handelspartnern auf – damit hat die amerikanische Wirtschaft vor allem ein Wettbewerbsproblem; amerikanische Waren scheinen schlichtweg nicht so begehrt zu sein.

Abbildung 1: Große Handelsdefizite der USA mit wichtigsten Handelspartnern (in Mio. Dollar)

Quelle: Eigene Darstellung; U.S. Census Bureau, Foreign Trade

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Rein objektiv betrachtet wird die amerikanische Wirtschaft auch nicht durch unverhältnismäßig hohe Zollsätze benachteiligt (Vgl. Abbildung 2). Im Zuge der Globalisierung sind die Zollsätze aller wichtigsten Handelspartner bis auf unter 5 Prozent gesunken. In den USA betrug der durchschnittliche Zollsatz im Jahr 2016 exakt 1,67 Prozent, in der EU waren es 1,96 Prozent und in Kanada gar 1,56 Prozent. Donald Trump geht es auch vor allem um Arbeitsplätze, die zurück in die USA geholt werden sollen.

Abbildung 2: Durchschnittliche Zollsätze

Quelle: Eigene Darstellung; World Bank

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Noch sind die Handelsvolumina der besteuerten Waren relativ klein, doch vertraut man den Aussagen Donald Trumps werden bereits in zwei Wochen weitere Zölle auf Waren in Wert von 16 Mrd. Dollar erhoben, sodass bereits rund 10 Prozent der US-Importe aus China mit Abgaben belegt wären. Die Angst vor einer Eskalation der gegenwärtigen Lage ist groß; nahezu alle Leitindices an den wichtigsten Börsen müssen herbe Kursverluste einstecken. Ein Handelskrieg bedeutet für den Verbraucher vor allem höhere Preise. Was eine wirtschaftliche Öffnung für die Entwicklung eines Landes bedeuten kann, lässt sich sehr gut an dem Beispiel von China festmachen: Im Zuge der Reform- und Öffnungspolitik stieg das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1978 und 2014 um das 48fache.

Protektionismus bremst Wachstum und bindet damit den Notenbanken die Hände die Zinsen weiter anzuheben. So sieht die Europäische Zentralbank (EZB) insbesondere zwei Risiken für das Wachstum in der Eurozone: Den zunehmenden Protektionismus und die zu beobachtende Volatilität an den Finanzmärkten. Handelskriege treiben die Preise künstlich in die Höhe und wirken nebendrein rezessiv. Wie stark die Inflation wirkt, hängt unter anderem davon ab, wie stark eine Volkswirtschaft von Importen abhängig ist und Güter substituieren kann. So kann der Verbraucher leicht, wie im konkreten Fall der EU, von Whiskey auf Gin umsteigen, aber gewisse Güter sind nur aus bestimmten Regionen zu erwerben und nicht substituierbar wie z.B. Öl oder hochentwickelte Maschinen. Noch können die Notenbanken den Handelskrieg aufgrund der geringen Volumina ignorieren, doch der Trend zum Nationalismus ist schon länger ein Thema und könnte ein Rückschritt für die globale wirtschaftliche Entwicklung bedeuten mit dauerhaft niedrigen Zinsen.

 

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