“With a little help from my friends”
Viele Fachhändler sowie Gewerbetreibende wollen ihre Kunden für sich und ihre Leistungen begeistern. Doch nur wenige denken darüber nach: Wie werden denn aus meinen Kunden echte Fans, die eigeninitiativ andere Menschen für mich begeistern?
Wie viele Fans hat Ihr Unternehmen? Also zum Beispiel Kunden, die begeistert Freunden und Bekannten von der Qualität Ihrer Produkte und Leistungen erzählen? Oder ihnen von der Qualität Ihres Services vorschwärmen? Oder die bei öffentlichen Auftritten stolz Kleidungsstücke mit Ihrem Firmen-Logo tragen oder mit dem bei Ihnen gekauften Fahrzeug vorfahren, und so (un-)bewusst für Ihr Unternehmen werben? Nur sehr wenige Unternehmen haben bisher hierüber nachgedacht. Und noch weniger haben sich mit der Frage befasst: Wie können wir noch mehr Menschen zu Fans von uns machen, die uns freiwillig beim Erreichen unserer Ziele unterstützen – zum Beispiel, indem sie Positives über uns erzählen. Oder indem sie uns, wenn mal etwas schief geht, aus Überzeugung gegen Vorwürfe verteidigen.
Anders ist dies in den USA. Dort befassen sich bereits viele Unternehmen mit der Frage: Wie können wir mehr Menschen zu Fans von uns machen, die sich freiwillig für uns engagieren? Des Weiteren: Wie können wir als Unternehmen eine Fanbewegung initiieren, die uns ähnlich engagiert beim Erreichen unserer Ziele unterstützt wie dies bei Barrack Obama im jüngsten US-Präsidentschaftswahlkampf geschah?
Aus (Noch-nicht-)Kunden Fans machen
Die Experten für diese sogenannten „Grassroots Movements“ treffen sich regelmäßig zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch – so zum Beispiel Ende Januar in Florida zur Grassroots-Jahreskonferenz des US Public Affairs Council. An dieser Konferenz nahmen 250 US-weit anerkannte Experten im Bereich Corporate Grassroots teil.
Konsens war unter den Experten: Für die Unternehmen wird es immer wichtiger, sich mit den Fragen zu befassen:
- Wie können wir eine gezielte Fan-Arbeit betreiben? Und:
- Wie können wir mehr Menschen dazu bewegen, sich für uns zu engagieren?
Des Weiteren: Ein wesentliches Werkzeug für das Einbeziehen von Fans in den unternehmerischen Alltag ist heute der Einsatz der sogenannten Socialmedia wie Facebook, Twitter und Youtube. Denn diese Medien ermöglichen es sogar Menschen, die sich persönlich nicht kennen, ihre Meinungen über bestimmte Unternehmen und deren Aktivitäten auszutauschen und sich wechselseitig beispielweise zum (Nicht-)Kauf von deren Produkten zu stimulieren – unabhängig davon, ob es sich hierbei um Fahrzeuge, Urlaubreisen oder Hosen handelt.
Konsens war bei der Konferenz auch: Unternehmen, die eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Unterstützern aufgebaut und die erforderlichen Kommunikationswege geschaffen haben, finden im „Anlass-“ oder „Bedarfsfall“ auch schnell Anhänger, die sich für „ihr Anliegen“ engagieren. So können außer Kunden zum Beispiel auch ehemalige Mitarbeiter sehr machtvolle Fürsprecher sein. Oder Lieferanten.
Deutlich zeigte die Grassroots-Konferenz 2011 auch: Der Trend im Bereich Mobilisierung geht in Richtung Einrichtung von dauerhaften Unterstützer-Plattformen. Außerdem: Der gezielte Einsatz von Facebook, Twitter & Co ist heute zumeist ein integraler Bestandteil jeder Corporate Grassroots-Initiative und -Bewegung.
Fallbeispiel American Express
Ein Beispiel für eine Corporate Grassroots-Kampagne ist die von American Express in den USA initiierte Small-Business-Saturday-Bewegung. Bei ihr nutzt der Konzern seine Kundenbeziehungen dazu, um kleine regionale Betriebe ökonomisch zu stärken. Ausgangspunkt für diese Initiative war die Erkenntnis von American Express, dass viele kleine Geschäfte unter einem geringen Umsatz leiden. Also erklärte American Express 2010 erstmals den letzten Samstag im November, einen der Top-Einkaufssamstage in den USA, zum Small Business-Saturday. Ziel der Aktion war es, das Bewusstsein der Bevölkerung für die Leistungen sowie das Angebot der kleinen regionalen Betriebe und Geschäfte zu stärken. Mit durchschlagendem Erfolg: 1,5 Millionen Facebook-Nutzer unterstützten die Aktion. Und mehr als 100.000 Betriebe erklärten sich zu Small-Business-Day-Unternehmen – mit dem Ergebnis, dass sie am Small Business-Saturday im Schnitt 29 Prozent mehr Umsatz als sonst erzielten. Und welchen Nutzen hat American Express von dieser Grassroots-Aktion? Das Unternehmen gewann nicht nur jede Menge Sympathisanten (nebst deren Daten). Auch die Medien berichteten sehr breit und freundlich über die Aktion. Zudem gewann American Express selbstverständlich viele Pluspunkte bei den Kleinunternehmen in den USA, was die Marktposition des Unternehmens erheblich stärkte.
Was können Fachhändler aus dem Beispiel lernen?
Zunächst: Wenn man sich als Fachhändler wirklich die Sorgen und Nöte, Wünsche und Bedürfnisse seiner Kunden zu eigen macht, dann lassen sich auch Ideen identifizieren, wie man seinen Kunden „helfen“ und Fans gewinnen kann. Hierfür zwei Beispiele. Was spräche beispielsweise dagegen, dass sich ein Autohändler für das Thema „Mehr Sicherheit für Kinder auf dem Weg zur Schule“ in seiner Stadt engagiert? Hierdurch würde er gewiss zahlreiche Pluspunkte nicht nur bei deren Eltern sammeln. Oder was spricht dagegen, dass sich ein Elektrohändler ganz praktisch für das Thema Energiesparen engagiert? Dadurch würde er gewiss viele neue Freude gewinnen. Die Ideen für mögliche Grassroots-Initiativen liegen sozusagen auf der Straße. Sie müssen sich und Ihre Kunden nur fragen, was ihnen wichtig ist und wofür sie wirklich „brennen“. Dann gelingt es Ihnen auch, Initiativen zu starten, die andere Menschen begeistern und für die sie sich mit Leidenschaft engagieren.
Doch Vorsicht: Wahre Liebe kann man nicht kaufen. Menschen erwärmen sich nur für Ihre Initiativen (und damit für Sie), wenn sie spüren, dass Ihr Engagement von Herzen kommt. Dann werden sie zu Fans, die sich freiwillig ebenfalls engagieren und mit Leidenschaft – also wahrer Liebe – Ihr Anliegen transportieren. Und hier liegt der Unterschied zu einer klassischen Marketingaktion: In eine Grassroots-Initiative sind die Fans einbezogen. Und sie werden aus freien Stücken aktiv. Entsprechend wichtig ist es, ihnen zuzuhören – und zu vertrauen. Denn offen bleibt bei jeder Grassroots-Initiative, wohin das Engagement Ihrer Fans Sie konkret führt. Ähnlich wie beim Fußball. Auch dort wissen die Klubs vorab meist nicht, welche Aktionen ihre Fans am kommenden Spieltag konkret planen. Sie wissen jedoch: Wenn unsere Spieler Leidenschaft und ein „Kämpferherz“ zeigen, dann werden unsere Fans die Mannschaft unterstützen – selbst wenn oder gerade dann, wenn sie mal in Rückstand geraten.
Genau dieses Grundvertrauen ist die beste Basis auch für Ihre Arbeit mit Ihren Fans. Denn deren Verhalten und Engagement können Sie nicht steuern und Sie sollten es auch nicht versuchen. Wenn Ihre Fans jedoch spüren, dass sie und ihre Bedürfnisse Ihnen wirklich wichtig sind, dann werden Sie sich auch mit Ihren Zielen identifzieren. Und es entsteht eine Bewegung, getragen von Vertrauen und Begeisterung.
Zur Autorin: Michaela Mojzis-Böhm, Wien (A), arbeitet als Trainerin und Beraterin für das ifsm Institut für Salesmanagement, Urbar (D). Unter anderem führt sie mit ifsm-Geschäftsführer Uwe Reusche „Tifosi-Strategie“-Workshops durch, in denen es auch darum geht, wie Fachhändler Grassroots-Initiativen initiieren können. Die Werbefachfrau organisierte zuvor unter anderem Mobilisierungskampagnen in österreichischen Wahlkämpfen. Kontakt: Michaela.Mojzis@ifsm-online.com
Mehr Infos zum Thema Corporate Grassroots finden Sie unter http://www.corporategrassroots.com/