BGH spricht Machtwort: Zahlreiche Widerrufsbelehrungen auch bei sogenannten Präsenzgeschäften unwirksam!

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.02.2017, XI ZR 381/16, entschieden, dass missverständlich formulierte  Widerrufsbelehrungen unabhängig von den besonderen Umständen des Vertragsschlusses unwirksam sind. Die Entscheidung betrifft über den Einzelfall hinaus zahlreiche Widerrufsbelehrungen verschiedener Banken. „Die Rechtsposition des Verbrauchers wird durch das Urteil deutlich verbessert“, meinen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Bank- und Kapitalanlagerecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte.

Nach der bankenfreundlichen Auffassung einiger Gerichte sollten bei der Beurteilung der Fehlerhaftigkeit einer Widerrufsbelehrung auch die konkreten Umstände des Vertragsschlusses berücksichtigt werden. Dies führte oftmals dazu, dass die Wirksamkeit des Widerrufs verneint wurde, falls aus der subjektiven Sicht des Darlehensnehmers keine Unklarheiten über den Beginn der Widerrufsfrist entstehen konnten.

Der Bundesgerichtshof sprach nunmehr in seinem Urteil vom 21.02.2017, XI ZR 381/16, ein Machtwort. Nach der zutreffenden Auffassung des BGH kommt es allein auf eine objektive Auslegung der Widerrufsbelehrung und nicht auf die Situation des Vertragsschlusses an. Die dem Verfahren zugrunde liegende Widerrufsbelehrung beinhaltet im Hinblick auf den Fristbeginn folgenden Passus:

„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem Ihnen

  • eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
  • die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags

zur Verfügung gestellt wurden.“

Der BGH stellt in seiner Entscheidung vom 21.02.2017 im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Irrelevanz der Kausalität eines Belehrungsfehlers erfreulicherweise klar, dass die Widerrufsbelehrung nicht anhand eines konkludenten gemeinsamen Verständnisses der Vertragsparteien korrigiert werden kann. Die Belehrung ist und bleibt damit fehlerhaft. Dies gilt insbesondere bei sogenannten Präsenzgeschäften, also wenn Angebot und Annahme des Vertrages zeitgleich – regelmäßig in der Filiale der Bank – erfolgten.

Der in vielen Fällen anzutreffenden Argumentation von Banken, dass der Darlehensnehmer über den Fristbeginn nicht im Unklaren sein konnte oder ein diesbezüglicher Irrtum ausgeschlossen sei, ist durch die Entscheidung des BGH endgültig die Grundlage entzogen worden. Denn es kommt nicht darauf an, ob sich der Fehler im Einzelfall auch tatsächlich ausgewirkt hat.

Nach den Erfahrungen der Nürnberger Rechtsanwälte wurden insbesondere durch Genossenschaftsbanken (Raiffeisenbank, Volksbank, Sparda Bank, PSD Bank) aber auch durch zahlreiche andere Banken (beispielsweise BHW Bausparkasse AG) Widerrufsbelehrungen mit falschen Hinweisen zum Fristbeginn erteilt. Darlehensnehmer, die den Widerruf bereits vor dem 21.06.2016 erklärt haben, sollten ihre Rechte daher mit aller Konsequenz verfolgen.

Über Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte

Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte sind ausschließlich auf dem Gebiet des Bank-, Kapitalanlage- und Immobilienrechts tätig. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich gescheiterter finanzierter Immobilienkapitalanlagen, den so genannten Schrottimmobilien. Die fachspezifisch erfahrenen Anwälte vertreten ausnahmslos Anleger gegenüber finanzierenden Banken, Initiatoren und Vertriebsbeauftragten. Sitz der Kanzlei ist Nürnberg.

 

Weiterführende Informationen: www.drhoffmann-partner.de

Schreibe einen Kommentar