„Blinder Aktionismus der EU-Bürokraten“

der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

seit dem 21.3.2016 verpflichtet eine neue EU-Richtlinie Banken dazu die Prüfung der Kreditwürdigkeit ihrer Kunden noch weiter zu verschärfen. Anstatt der EZB unter die Arme zu greifen, bremsen europäische Parlamentarier die offensive Geldpolitik der Währungshüter aus. Lesen Sie ihm heutigen Zins-Kommentar über die Inhalte der neuen Verbraucher-EU-Richtlinie und über die falschen Ängste einer Immobilienblase.

 

Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor bleibt weiter auf seinem historischen Minus-Niveau und setzt seinen Sinkflug langsam fort. Er steht aktuell bei -0,245 %.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz (1/4-jährlich tats. Tage/360 vs. 3M-Euribo) liegt derzeit bei 0,49 % und ist in den letzten Wochen nochmals marginal gestiegen.

 
Blinder Aktionismus der EU-Bürokraten
Die Höhe des Darlehens ist unter anderem jetzt nicht mehr nur von dem Wert einer Immobilie, sondern auch von der Liquidität der Verbraucher abhängig. Außerdem wird nun das sogenannte ESIS-Merkblatt ausgehändigt, das vorrangig vor Verpfändungen und Zwangsvollstreckungen schützen soll. Leistung, Pflichten, Kosten und Risiken werden dort im Zusammenhang mit dem Kredit aufgeführt. Zudem muss in der Werbung für Kreditverträge über Sollzinssatz, Gesamtkreditbetrag, effektiven Jahreszins, Laufzeit des Kreditvertrages, Höhe der Raten, den vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrag und mögliche Währungsschwankungen informiert werden.  Die EU-Vorgabe schreibt Informations- und Beratungsbedürfnisse gesetzlich fest, die ohnehin in Deutschland generell gängige Praxis sind. Eine weitere Bürokratisierung der Darlehensvergabe schafft nicht zwingend mehr Transparenz und verunsichert den Kunden bei der Entscheidungsfindung einen Kredit aufzunehmen. Im internationalen Vergleich verfolgt Deutschland generell eine eher konservative Vergabe von Immobilienkrediten. Gerade in Zeiten einer stockenden Wirtschaft und niedrigen Zinsen sollte der Verbraucher ermutigt werden, Investitionen und Finanzierungen zu tätigen. Die neue Richtlinie verhindert, so wie viele der letzten Jahre auch, genau diesen Prozess, den die Europäische Zentralbank die letzten Jahre versucht anzutreiben.

 

Von einem Kreditboom auf dem Immobilienmarkt wie es vor der Schuldenkrise der Fall war sind wir weit entfernt. Das Volumen der Immobilienkredite an private Haushalte weist seit 2010 nur eine Wachstumsrate von 9 Prozent auf. Ein Blick auf die Verschuldung der privaten Haushalte in Prozent  des verfügbaren Einkommens, lässt ebenfalls auf eine verbesserte Schuldtragfähigkeit hinweisen.

 

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Quelle: Eurostat

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Auch wenn die Preise für Eigentumswohnungen in den letzten Jahren gestiegen sind, sind die regionalen Unterschiede doch sehr deutlich. Während in den Großstädten Preissteigerungen wesentlich höher ausfallen, verbuchen alle Landkreise und kreisfreien Städte wesentlich geringere Wertsteigerungen. Erklären lässt sich das durch die zunehmende Urbanisierung und Zuwanderung in Deutschland und nicht durch die Überhitzung des Marktes. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) liegen die Kosten des Wohnens im Eigentum in den meisten Regionen dank der aktuell niedrigen Kreditzinsen deutlich unter den Mietkosten. Selbst ein Ende der Niedrigzinspolitik der EZB würde daran kaum etwas ändern, zeigt die IW-Studie: Stiegen die Kreditzinsen um einen Prozentpunkt, lägen die Selbstnutzer-kosten nur in 35 Kreisen und kreisfreien Städten um mehr als 10 Prozent über den Mietkosten.
Grundsätzlich lässt sich sagen, es kann nur da eine Blase platzen, wo eine ist. Solange die Zinsen in den nächsten Jahren nicht stark ansteigen und Banken nicht Darlehen wie Bonbons verteilen, wird es zu keiner Immobilienblase kommen. Zweifellos befindet sich der Immobilienmarkt in einer dynamischen Phase, doch genau das hofft die EZB durch ihre lockere Geldpolitik zu bewirken.  Wir sind weiterhin der klaren Meinung, dass die EZB die Wirtschaft und auch die Inflation weiter ankurbeln muss, solange unsere Regierungen hierauf keinen Fokus setzen.

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