„Durch den historisch tiefen Ölpreis sinken die Preise – und auch die Zinsen“

Der Preisverfall des Öls freut nicht nur Autofahrer an den Zapfsäulen, sondern hat auch einen positiven Einfluss auf die Darlehenskosten. Lesen Sie den heutigen Zinskommentar und erfahren Sie, wie der Ölpreis die Zinshöhe beeinflusst.

 

Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor bleibt weiter auf seinem historischen Minus-Niveau und steht aktuell bei -0,16 %.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz (1/4-jährlich tats. Tage/360 vs. 3M-Euribo) liegt derzeit bei 0,59 % und ist in den letzten  2 Wochen nicht unwesentlich gesunken.

 

 

Durch den historisch tiefen Ölpreis sinken die Preise – und auch die Zinsen
Die Turbulenzen an den Ölmärkten haben sich in den vergangenen Wochen auf die Weltwirtschaft, die Aktienmärkte und sogar auf einige Staatshaushalte übertragen. Der Einfluss der geringen Ölpreise erfreut die Abnehmer und führt zu immer gravierenden Verlusten bei den Produzenten.
Aber wie beeinflusst der Ölpreis den Zins?
Der geringe Ölpreis beeinflusst die Zinsen auf verschiedene Arten. Immer neue Tiefstände des Ölpreises werden u.a. in Form von niedrigen Benzinpreisen oder Heizkosten an die Verbraucher weitergegeben. Dadurch sinken die Preise und es entsteht ein Deflationseffekt. Geringere Preise oder ein geringerer Preisanstieg bedeuten für die EZB, dass sie die Zinsen senken muss, um die Geldwertstabilität zu sichern. Sollten die Preise für Öl und Ölprodukte weiter sinken, kann dieser kurzfristige Preiseffekt, der sich auch schnell wieder umkehren kann, die langfristigere Preisentwicklung, an der sich die EZB-Zinspolitik orientiert, überlagern.
Um dies zu verhindern, wurde unter anderem das Prinzip der Kerninflation entwickelt, das die Eliminierung hochvolatiler Güterkategorien aus dem allgemeinen Preisindex vorsieht. Dazu wird versucht Güterkategorien zu identifizieren, die sehr hohe Preisschwankungen aufweisen, wie z.B. Energiepreise oder auch die staatlich beeinflussbaren. Lebensmittelpreise. Als Preisschwankungen werden  exogene Einflüsse auf den Preis eines Gutes definiert, deren Ursache durch eine Maßnahme innerhalb des Währungsgebietes nicht beeinflusst werden kann. Also z.B. durch eine Zinserhöhung. Lebensmittelpreise werden nicht mit einbezogen, da sie durch staatliche Subventionen als beeinflussbar gelten („administrierte Preise“). Dadurch, dass volatile Preisentwicklungen ausgeblendet werden, zeigt die Kerninflationsrate eine geringere Amplitude als die Inflationsrate. Diese Größe wird gerne von Medien genutzt, um zu zeigen, dass die empfundene Preissteigerung teilweise von der offiziell kalkulierten abweichen kann.
Da die Verbraucher aber nicht nur die Kerninflation spüren, sondern das Geld auch an Kaufkraft gewinnt bzw. durch volatile Preisänderungen verliert, legt die EZB bei der Berechnung der Geldwertstabilität hauptsächlich den HVPI („harmonisierter Verbraucherpreisindex“) zugrunde.
Das HVPI-Konzept basiert auf der Annahme, dass externe Preiseinflüsse auch dauerhaft einen Einfluss auf das Preisniveau haben, z.B. dass die Preiswahrnehmung eines Gutes die Zahlungsbereitschaft für ein anderes Gut beeinflussen kann.
Dadurch haben die gesunkenen Benzinpreise einen Einfluss auf die Zinsentwicklung, die sich in den Zinssätzen für 10-jährige Bundesanleihen tagesaktuell ablesen lässt. Fazit: Ein sinkender Ölpreis ruft eine fallende Inflation und damit sinkende langfristige Zinsen hervor. Diese Entwicklung ist in dem abgebildeten Chart erkennbar. Die starke Abweichung von dieser Regel in der ersten Jahreshälfte 2015 ist durch den massiven liquiditätserweiternden Eingriff der EZB zu erklären, der den Zusammenhang in dieser Periode überlagert.

 

Bild1

(Quelle: Tai-Pan)
Wie sich der Ölpreis langfristig entwickeln wird und wie sich damit sein Einfluss auf die Verbraucherpreise auswirkt, ist reine Spekulation. Fakt ist derzeit nur, dass die bisherige Preisentwicklung hauptsächlich spekulativ getrieben ist und es auch weiterhin ein massives Überangebot an Förderkapazitäten auf dem Weltmarkt geben wird. Parallel dazu wird von Rekordlagerbeständen berichtet. Ein Umfeld also, das ein langfristig geringes Niveau des Ölpreises und damit der Inflation und der Zinsen begünstigt.

 

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