Im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht von Renten- und Lebensversicherungen führt der Bundesgerichtshof in zwei aktuellen Entscheidungen seine verbraucherfreundliche Rechtsprechung von 2014 fort. Betroffen sind Verbraucher, die zwischen 1994 und 2008 einen Vertrag nach dem sogenannten „Policenmodell“ abgeschlossen haben – und Widerspruch einlegen.
Bei Laufzeiten von oft über 30 Jahren wundert es nicht, dass viele Menschen vorzeitig aus ihrer Lebensversicherung aussteigen. Ob es darum geht, dass in manchen Lebenslagen die monatlichen Prämien zu sehr belasten oder man einfach eine bestimmte Summe braucht, jedes Jahr wird eine Vielzahl der Verträge gekündigt. Wer nun aber die Möglichkeit hat, Widerspruch wegen Falschbelehrung einzulegen, kann bei der Rückabwicklung seines Vertrages auf sehr viel mehr Geld hoffen.
Wie lange besteht das Widerrufsrecht?
Eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofs der Europäischen Union, an die der BGH gebunden ist, hat die damals geltende Fassung des § 5 a Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) für Renten- und Lebensversicherungen als nicht anwendbar erklärt. Bis dahin sollte das Widerspruchsrecht im Falle einer fehlerhaften Widerrufbelehrung spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie enden. In der Folge hat der BGH 2014 entschieden, dass bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung für Renten- und Lebensversicherungen im Policenmodell das Verbraucherwiderrufsrecht fortbesteht. Das betrifft Verträge, die zwischen Juli 1994 und Dezember 2007 abgeschlossen wurden. „Der Abschluss im ‚Policenmodell‘ bedeutet, dass der Kunde die vertragsbezogenen Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen zusammen mit der Versicherungspolice erhalten hat“, erklärt der Prolife-Geschäftsführer Michael Früchtl, der sich als Finanz- und Versicherungsfachwirt immer aktuell mit dieser Thematik beschäftigt. „Besonders erfreulich an der neuen Gesetzesänderung ist, dass das Recht auf Widerspruch auch noch für bereits gekündigte Versicherungsverträge gilt.“
Was passiert nun im Falle des Widerrufs?
In seinen aktuellen Entscheidungen am 29.07.2015 hat der BGH die Rechtsfolgen des wirksamen Widerrufs festgelegt. Grundsätzlich ist der widerrufene Vertrag rückabzuwickeln, die Vertragspartner müssen jeweils die empfangenen Leistungen zurückgewähren.
„Das kann für den Versicherungskunden eines noch laufenden Vertrages aber auch für bereits gekündigte Verträge sehr viel mehr Geld bedeuten“, so Michael Früchtl weiter. „Der Versicherungskunde erhält natürlich nicht 100 Prozent der eingezahlten Prämien zurück. Laut BGH erhält der Renten- bzw. Lebensversicherungskunde alle gezahlten Prämien zuzüglich Zinsen sowie die geleisteten Abschluss- und Verwaltungskosten zurück. Der Versicherer seinerseits erhält den auf die Vertragsdauer anfallenden Risikoschutz, abgeführte Kapitalertragssteuern und gegebenenfalls auch Solidaritätsbeiträge zurück. Für den Versicherungsschutz während der Vertragslaufzeit kann er einen Abschlag auf die zu erstattenden Prämien berechnen.
Wie sieht das in der Praxis aus?
„Ist die Versicherung zwischen 1994 und 2008 im ‚Policenmodell‘ abgeschlossen worden und war die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, ist ein Widerruf grundsätzlich möglich“, weiß Michael Früchtl. Aber wann ist eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft? „Zum einen muss sich die Widerrufsbelehrung durch entsprechende Hervorhebung vom Vertragstext deutlich abheben. Dann muss der Kunde aufgeklärt worden sein, dass eine rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt und es nicht um den rechtzeitigen Zugang beim Versicherer geht. Hinzu kommt für Verträge nach 2002, dass der Kunde über die Textform und nicht die Schriftform der Erklärung belehrt worden sein muss.“ Zur Wahrung der Textform würde zwar auch eine E-Mail genügen, darauf hätte der Kunde aber explizit hingewiesen werden müssen.
Ist die Widerrufsbelehrung in einem Versicherungsvertrag fehlerhaft oder waren die Unterlagen unvollständig – steht dem Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht zu.
Dem Versicherungskunden ist es aber kaum möglich, die erwirtschafteten Zinsen nachzuvollziehen, auch wenn die Darlegungspflicht bei ihm liegt. Hilfe eines Fachanwaltes bringt hier Klarheit. „Man sollte unbedingt prüfen, ob sich im individuellen Fall ein Widerruf lohnt“, betont Früchtl. „Dabei können die Vertragskosten, wie Prämienleistung, Abschluss- und Verwaltungskosten, mit dem aktuellen Wert der Versicherung verglichen werden.“ In vielen Fällen ist es tatsächlich so, dass sich ein Widerruf bezahlt macht.
„Wenn ein Versicherungsnehmer seinen Versicherungsvertrag über uns abwickelt oder abgewickelt hat, kümmern sich unsere Fachanwälte um seine weiteren Ansprüche aus den BGH-Entscheidungen“, fährt Michael Früchtl fort. „Wir bieten das sogenannte Clearing – auch für bereits gekündigte Verträge an und setzen mögliche Nachzahlungen durch. Der Kunde hat weder Arbeit noch Kosten damit.“
Weitere Infos finden Sie unter: www.prolife-gmbh.de