Insbesondere Zertifikate- und Optionsschein-Investoren, die auf steigende Kurse der Facebook-Aktie gesetzt hatten, sehen sich mit teils erheblichen Vermögenseinbußen, bis hin zu Totalverlusten, konfrontiert. Anleger sollten jetzt Haftungs- und Schadenersatzansprüche gegenüber ihren beratenden Banken und/oder den jeweiligen Emittenten prüfen.
Deutsche Investoren konnten sich – falls überhaupt – nur sehr eingeschränkt am Börsengang von Facebook beteiligen. Der Aktienerwerb im Rahmen des IPO war im Wesentlichen amerikanischen Staatsbürgern vorbehalten. Indirekt haben viele Anleger aus Deutschland über Zertifikate und Optionsscheine am Facebook-Hype teilgenommen. „So haben etwa Deutsche Bank, Commerzbank, HypoVereinsbank (UniCredit) sowie andere Emissionshäuser bereits am ersten Handelstag der Facebook-Aktie mehr als 250 Zertifikate und knapp 1.000 Optionsscheine und ähnliche Anlageprodukte herausgegeben“, sagt Jens-Peter Gieschen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner der auf Anlegerschutz spezialisierten KWAG Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht in Bremen.
Viele dieser derivativen Produkte setzten auf deutlich steigende Kurse der Facebook-Aktie. Mit Zielkursen von mehr als 60 US-Dollar oder, wie im Fall eines Commerzbank Call-Optionsscheins mit Laufzeit Juni 2013, genau 80 Dollar.
„Insbesondere bei Emissionen von Banken, die – wie die Deutsche Bank oder die Credit Suisse – im IPO-Konsortium saßen, werden Investoren prüfen müssen, zu welchem Zeitpunkt jene Investmenthäuser von Umständen gewusst haben, die letztendlich zum Kurssturz der Facebook-Aktie geführt haben“, sagt Fachanwalt Gieschen. Hintergrund: Offenbar erhielten
Konsortialbanken bereits am 9. Mai 2012, also zehn Tage vor der Börsenerstnotiz, Hinweise vom Unternehmen Facebook auf geringere Umsatzerwartungen. „Diese Informationen waren auch in einem von Facebook aktualisierten Börsenprospekt für die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC enthalten“, erklärt Gieschen.
Sein Rat: „Anleger, die mit derivativen Produkten auf steigende Kurse der Facebook-Aktie gesetzt hatten, werden die beschriebenen Vorfälle Umstände sorgfältig analysieren müssen.“ Möglicherweise mit dem Ergebnis, dass die beratende Bank oder das Emissionshaus für die Verluste mit Zertifikaten und/oder Optionsscheinen auf die Facebook-Aktie haften müssen. Grundsätzlich gilt: Eine Haftung kommt in Betracht, sobald dem Anleger wichtige Informationen vorenthalten worden sind und/oder Verkaufsprospekte bzw. Informationsblätter nicht zeitnah angepasst wurden.
Gieschens Rat: „Am besten fertigen betroffene Anleger unverzüglich Gedächtnisprotokolle über die Inhalte der Beratungs- bzw. Verkaufsgespräche an.“ Dringend empfehlenswert sei auch, alle Unterlagen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Zertifikate oder Optionsscheine sorgfältig aufzubewahren.
Neben der Prüfung von Schadenersatzansprüchen vor deutschen Gerichten sollten Investoren bei den direkt am Facebook-Börsengang beteiligten Banken Regressmöglichkeiten in den USA erwägen.